Die Suche nach dem Sinn!
Für mich und vielleicht für jene Betroffenen, die sich über Sucht ihre Gedanken machen, stellt sich eine zentrale Frage: WARUM?
Der Kontakt mit Drogen wird uns durch unsere Gesellschaft schon fast in die Wiege gelegt. Wir werden schon früh mit Alkohol und seiner Wirkung konfrontiert. Ich habe dies auch schon früh miterlebt. Das Erlebnis berauscht zu sein, nahm mich in seinen Bann.
Ich denke jeder verlebt im Laufe seines Lebens eine Sinn- oder Identitätskrise. Bei mir trat dies in meinem 15. Lebensjahr ein. Durch die Erfahrung mit Alkohol wußte ich, wie ich meine häßlichen und auch so schmerzhaften Gedanken und Gefühle ausschalten kann. Irgendwann reichte dies aber nicht mehr aus. So begann der Kontakt mit illegalen Drogen. Je sinnloser ich mich fühlte, umso mehr suchte ich, umso mehr wollte ich durch die Drogen in eine andere Wahrnehmungsweise reisen. Hier begann die Sucht! Durch irgend einen dummen Zufall kamen die „harten Drogen“ ins Spiel. Ich fand das Heroin, lernte es kennen und lieben. Diese Droge ist das Hinterhältigste und Gefährlichste was ich kenne. Es vermittelt einem genau das, was jeder Mensch so verzweifelt sucht: Wärme, Gelassenheit und es macht ungemein selbstsicher! Ein Trugschluß! Charakter und Körper gehen langsam zugrunde. Man ist nur noch betäubt, ein lebendiger Toter!
Die Abhängigkeit sitzt tief in der Seele und bereitet unbeschreibliche Schmerzen, wobei ich nicht nur die physischen Qualen meine. Man ist süchtig und verkauft all seine Werte, doch der völliger Realitätsverlust verhindert, dass man etwas dagegen unternimmt. Nur die Substitution verhinderte meinen Tod. Mein Tagesablauf normalisierte sich etwas. Doch die Gier nach dem „Kick“ hörte nicht auf.
Der Weg aus der Abhängigkeit: Ich hatte das Glück immer eine Arbeit zu haben. So habe ich den Bezug zur Realität und einem „normalen“ Leben nie aus den Augen verloren. Eines Tages schlichen sich einige Gedanken in mein Gehirn: Wer bin ich? Was mache ich? Ich möchte doch leben, fühlen und denken! Ich kann nicht mehr sagen, wer oder was sie auslösten, sie waren meine Rettung! Doch ohne Fleiß kein Preis. Ich stellte mich um auf das Substitutionsmittel Subutex und kämpfte …
Es ist mir nun möglich, ein Leben ohne Suchtdruck zu führen. Hätte ich damals von diesem Medikament erfahren, hätte ich mir eine Menge Ärger mit Codeinsaft und Methadon ersparen können. Diese Mittel verlagern die Abhängigkeit nur. Nun gut, meine Sinne sind jetzt nicht mehr betäubt. Dies zu spüren, die Sinne wieder gebrauchen zu können: Mit den Augen sehen, den Ohren hören, mit dem Gehirn denken und mit dem Herzen lieben – dies wahrzunehmen ist immer wieder der schönste und intensivste „Kick“ den ich jemals hatte. Nun erfüllt mich das Leben an sich, ich benötige keine Betäubung mehr. Im Gegenteil, ich kann nicht genug erleben und in mich aufnehmen. Ich hoffe dieser kleine Auszug aus meiner „Drogenkarriere“ verschafft einigen Lesern den berühmten „KLICK!“. Es ist nie zu spät …
Meine Drogenkarriere ist alles andere als gewöhnlich. Meine Kindheit war okay, ich bin kein Scheidungskind, habe zwei völlig „normale“ und erfolgreiche Geschwister und Eltern, die zu mir halten. Mein Realschulabschluß war gut, ich absolvierte eine Lehre als Industriekauffrau, danach eine Ausbildung zur Justizsekretärin im mittleren Dienst. Mit Drogen hatte ich bis dato nie was am Hut, bis ich 19 war, habe ich noch nicht einmal geraucht! Der erste Kontakt zu illegalen Drogen entstand durch einen Freund von mir. Ich war neugierig. Die anfänglichen Probierversuche verschärften sich durch eine sehr schwere Erkrankung von mir. Hinzu kam der Unfalltod meiner damaligen besten Freundin, der mich sehr mitnahm. Ich war total down, mir war alles egal, warum also nicht Drogen nehmen? Was konnte mir in dieser Situation noch passieren? Was hatte ich zu verlieren? Die Drogen brachten Erleichterung. Nicht so, wie es uns in vielen Filmen suggeriert wird. Dass plötzlich alles rosarot ist. Nein, aber ich nahm durch die Drogen nicht nur das Negative wahr. Insbesondere meine Krankheit verlor durch die Drogen ihre Bedrohlichkeit …
Ich konnte meine Sucht ganze sieben Jahre verheimlichen, obwohl ich dazu sagen muss, dass ich nie gespritzt habe. Die Situation war damals irgendwie schon irre, ich führte ein absolutes Doppelleben. Da gab es die Bettina, die ganz normal ihrer Arbeit im Amtsgericht nachging, zuverlässig war, pünktlich war, aber auch die Bettina, die immer mehr in die Sucht hinein rutschte. Tagsüber arbeitete ich für den Justizapparat, abends durch meine Sucht gegen ihn! Wie mir diese Gratwanderung gelang, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Irgendwann wurde mir mein Doppelleben zuviel, ich wollte und musste vor mir einen reinen Tisch machen. Ich beichtete meinen Eltern meine Drogensucht, das war im März, im Mai war ich schon auf Therapie. Dort lernte ich meinen damaligen Freund kennen, wir brachen beide ab. Zwar wurde ich in den Folgemonaten nicht rückfällig, doch ich wurde ungewollt schwanger. Die Beziehung ging in die Brüche. Kurze Zeit später lernte ich meinen jetzigen Freund kennen. Nach 2 Jahren kam es dann wieder zu einem Rückfall, er fuhr ein, ich selbst ging ins Substitutionsprogramm. Zur Zeit ist es für mich nicht einfach, ich habe eine Tochter groß zu ziehen und gehe einer geregelten Arbeit nach. Trotz der Arbeit bekomme ich nicht viel mehr als meinen Sozialhilfesatz. Das ist ganz schön ernüchternd. Mein Freund wird im nächsten Jahr entlassen, wie sich unsere gemeinsame Zukunft gestaltet, ist noch offen. Ich engagiere mich darüber hinaus auch in der Initiative JES-Schwäbisch Gmünd, möchte dafür kämpfen, dass man Drogenabhängige nicht einfach abstempelt, sondern ihnen eine faire Chance bietet. Ich weiß, was es heißt, Menschen zu haben, die dich nicht aufgeben.
Gedanken eines 34jährigen, „der sich motivieren möchte, bzw. motiviert sein sollte“
Eigentlich habe ich das Leben, das ich bisher geführt habe, gründlich bis über beide Ohren satt. Das Elend in das ich mich habe treiben lassen, mich selbst getrieben habe, will immer noch schlimmer werden und wird sich auch noch verschlimmern, wenn ich nicht bald etwas dagegen unternehme. Wohnungslosigkeit, Geldlosigkeit, Besitzlosigkeit, Schulden, die mich fast erdrücken, das sind nur die materiellen Dinge, die mich unglücklich machen und die ich ändern sollte. Die anderen Dinge sind meine angegriffene Gesundheit, meine Labilität, meine Lust am Drogenkonsum bis zur Bewußtlosigkeit. Dazu kommt die Gewißheit ein verpfuschtes Leben zu haben, meine immer wiederkehrende Erkenntnis, beziehungsunfähig zu sein, Torschlusspanik zu haben, die Gedanken: „Zu nichts nutze zu sein“ (das habe ich schon in meiner frühsten Kindheit gesagt bekommen), meine Aggressionen, meine Wut auf die nicht funktionierende Welt und Gesellschaft, meine Enttäuschungen über mich selbst, andere Menschen und Dinge, die einfach nicht so laufen wie sie meiner Meinung nach laufen sollten. Das alles macht mich total fertig, depressiv, unfähig das Leben zu genießen, „Ja“ zum drogenfreien Leben, überhaupt „Ja“ zum Leben zu sagen. Dinge zu nehmen, wie sie eben sind, das erscheint mir fast unmöglich, macht mich unglücklich, ärgerlich, wütend. Unfähig positiv zu reagieren. Ich weiß, dass ich nicht mehr stark belastbar bin, in meinem Beruf ist das aber eine Vorsaussetzung. Jeder Chef verlangt in meinem Arbeitsfeld schnelle und perfekte Arbeit bis auf den 1/1000 mm genau. Jeder kleine Fehler (schon in der Arbeitsvorbereitung) zieht viele Folgefehler nach sich. Die Angst zu versagen, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein, sind dabei meine täglichen Begleiter. Dabei war ich in der Berufsschule immer einer der Besten. Auch im praktischen Bereich machte ich große Fortschritte. Aber mir fehlt es an Übung. Vielleicht habe ich eben doch den falschen Beruf. Überhaupt mache ich mir Gedanken, warum ich arbeiten, Geldverdienen, Schulden zahlen und vielleicht auch noch sparen soll. Das ganze Gerackere hat doch überhaupt nichts genützt, wenn man am Ende doch ins Gras beißt. „Früher“ oder „später“, das sind die beiden Fragen, aber die Antwort steht. Zieht man ein Resümee dieser Überlegungen, müsste doch jeder vernünftige Mensch sagen: Also diese Dinge zum Positiven zu ändern, ist genug der Motivation eine erneute Therapie zu beginnen, sie erfolgreich zu beenden und dann ein anderes Leben zu führen. Cleane Freunde, ein gutes Umfeld und soziale Kontakte zu haben. Sehnsüchte. Aber kann ein Mensch, der mit der ständigen Angst im Nacken lebt, erneut zu versagen, erneut rückfällig zu werden, vernünftig sein, ja überhaupt Vernunft haben? Wieso dann nicht ALLES beim ALTEN lassen? Bringt ja sowieso NICHTS. Diese beiden Sätze blockieren so stark meinen, vielleicht noch gesunden Menschenverstand, so dass ich am liebsten den Stift aus der Hand legen würde und aus reinem Selbstmitleid laut heulen möchte. Aber nicht mal weinen kann ich. Das erste Mal seit 25 Jahren habe ich an Pit´s Beerdigung Tränen der Trauer in den Augen gehabt. Seither nicht mehr. Freudentränen benetzen meine Augen schon eher, z.B. wenn Deutschland Weltmeister wird oder so ähnlich. Aber ich habe auch eine positive Sturheit in mir, ich kann einen Weg sehr gradlinig verfolgen, wenn ich davon überzeugt bin, das Richtige zu tun. Erstmal auf dem rechten Weg gebracht, lasse ich mich fast nicht mehr davon abbringen und kann dabei sehr hartnäckig vorgehen. In eine, für mich funktionierende, cleane Gesellschaft kann ich mich schon recht schnell integrieren und auch zum Teil recht wohlfühlen. Ich denke, ich sollte ehrlich zu mir selber sein und mir eine neue reelle Chance geben, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, Warnsignale beachten zu lernen, um nicht in den Treibsand zu geraten, in den tiefen Morast, und um letztendlich nicht wieder im unendlichen Sumpf zu landen.
Auch mein Einstieg war eher klassisch: Alkohol und Zigaretten, Haschisch, mit 16 Jahren dann die ersten Trips. Bald darauf die ersten Deals und meine Etablierung im Gmünder „Weichdrogenmarkt“. Es lief alles easy, bis sich Heroin in mein Leben schlich. Es traf mich wie eine Keule und ich verlor die Kontrolle über mich. „H“ bestimmte mein Leben, veränderte mich und meine Freunde bestanden nur noch aus Dealern und Kunden. Bin geflogen (auf die Schnauze). Mit 23 kam ich für 3 Jahre in den Knast. Körperlich ging´s mir wieder blendend. Doch mein Kopf war noch daneben. Kam wieder nach Gmünd und die alte Geschichte nahm ihren Lauf. 4 Jahre lang, krasser als je zuvor. 1999 meine erste Therapie. War gerade zwei Wochen dort (körperlich, mein Kopf war bei „meinen Leuten“ in Gmünd). Hab „Therapieurlaub“ gemacht und in diesem erkannt, dass ich eigentlich gegen mich selbst kämpfe. Hab mich überschätzt und die Macht der Drogen unterschätzt. Nur keine weitere Bruchlandung. Ich war bereit meinen Kampf fortzuführen und zwar in die richtige Richtung. Kontra drugs. Bin jetzt seit 5 Jahren clean und mir geht´s blendend. Hab wieder Power gekriegt. Berufsausbildung zum Zimmermann, schöne Wohnung, bin wieder mobil usw. Im Frühjahr 2003 bestand ich die für mich härteste Prüfung: Den Tod meiner Mutter. Ich musste lernen, keine Schuldgefühle zu haben. Geholfen hat mir, dass unsere Beziehung vor ihrem Tod sehr innig war. Sie hat mein cleanes Leben erst richtig zum Blühen gebracht.
In diesem Sinne, durch Selbsterkennung, Höhen und Tiefen ohne Drogen, bin ich gewachsen. Arbeite nebenher noch als Nachtwache auf dem Friedrichshof und leiste Präventionsarbeit. In diesem Rahmen entstand eine Selbsthilfegruppe, die ich mit Gleichgesinnten gegründet habe. Das cleane Leben tut gar nicht weh, im Gegenteil: Schmerz verursacht, wenn ich mir lieb gewonnene Leute abstürzen sehe. Die Macht der Drogen. Was ich allen empfehlen möchte: Sich nicht aufgeben und das Leben wieder selbst in die Hand nehmen.
Anmerkungen:
Harald hat mit einigen Freunden eine Selbsthilfegruppe in Heilbronn gegründet. Interessenten können ihn gerne über folgende Adresse kontaktieren:
Harald Schnäbele, Am Ordensschloß 2, 74182 Obersulm.
Gerade uns „Altjunkies“ macht man das Leben ziemlich schwer. Ich versteh nicht, dass man auf der einen Seite Alkohol gesellschaftlich toleriert, auf der anderen Seite alle illegalen Drogen und damit auch uns als User bekämpft. Dabei richtet die Volksdroge Alkohol viel mehr Schaden an. Wie viele Ehen gehen deswegen jedes Jahr kaputt, wie viele Kinder werden da durch vernachlässigt, wie viele Menschen sterben an Alkohol und auch an Nikotin? Ich finde, dass die „Normalbevölkerung“ viel besser aufgeklärt werden sollte. Über die Gefahren der Genussmittel und über die Situation von uns Junkies. Ich z.B. weiß, dass ich bei Methadon noch viel mehr anfange, zu saufen. Ganz unabhängig davon, will ich mich durch ein Substitutionsprogramm nicht noch mehr abhängig machen. Für mich ist Methadon keine Ersatzdroge, denn sie ersetzt für mich nichts. Vielleicht befriedigt Metha den Körper, nicht aber den Geist und die Seele. Mit Codein komme ich viel besser zurecht. Aber es ist verdammt schwer, an Codein heranzukommen. Und es kostet auch einiges. So bin ich eigentlich den ganzen Tag damit beschäftigt, meinen Saft zu organisieren. Für Freizeit bleibt da nicht viel übrig. Das ist kein Leben für mich als 46-Jähriger. Ärzten will ich keine Schuld geben, ich sehe die Probleme auf viel höherer Ebene. Unsere Politiker, die Drogenpolitik betreiben, aber keine Ahnung haben. In ihrer Politik steht schon lange nicht mehr der Mensch im Mittelpunkt.
HIV & HEP – Infos und Tipps rund um Deine Gesundheit
Vor dem Hintergrund des Drogengebrauchs spielt das Thema Gesundheit eine ganz besondere Rolle. Dabei ist es erst einmal unwichtig, ob Du „weiche“ oder „harte“ Drogen, ob Du nur „ab und zu“ oder auch „immer öfter“ konsumierst. Fakt ist: Die meisten User sterben nicht an den Drogen selbst, sondern an den Konsumbedingungen.
Darum informier´ Dich über die im Zusammenhang mit Drogen wichtigen Gesundheitsrisiken. Wir haben Dir hier die typischsten und weitverbreitesten Krankheiten und ihre Symptome zusammengestellt.
SAFER USE & SAFER SEX sind nicht nur Schlagworte, sondern wichtige Maßnahmen wie Du Dich und Deinen Körper schützen kannst.
Drogen zu nehmen ist also die eine Sache, nicht an seine Gesundheit zu denken, die andere. Keiner kann sich um Deine Gesundheit besser kümmern als Du selbst!!!
AIDS + HIV
AIDS steht für die englische Bezeichnung „acquired immune deficiency syndrome“, zu deutsch: Erworbener Mangel an Abwehrkraft. Ist das Immunsystem defekt, kann der Körper Krankheitserreger nicht länger effektiv bekämpfen. Ursache für diese Immunsystemschwäche ist eine Infektion mit HIV („human immunodeficiency virus“ = menschliches Immundefekt-Virus).
Wie und wann sich eine HIV-Infektion zu einem Immundefekt entwickelt, hängt von Umständen ab, die bis heute noch nicht ganz geklärt sind. Fakt ist: Jede Infektion hat ihr eigenes Verlaufsmuster. Fakt ist auch: Selbst wenn eine HIV-Infektion noch nicht heilbar ist, bestehen gute Chancen, den Ausbruch von AIDS um viele Jahre zu verzögern. Nicht jeder, der mit dem HI-Virus infiziert wurde, muss zwangsläufig an AIDS erkranken.
HIV wird durch Körperflüssigkeiten wie Blut oder Sperma übertragen. Häufige Infektionswege sind ungeschützter sexueller Kontakt und die Benutzung nicht steriler Spritzen bei Drogenkonsum (Stichwort: Needle Sharing). Bluttransfusionen sind ebenfalls eine mögliche Infektionsquelle, die jedoch in Deutschland aufgrund strenger Sicherheitsauflagen kaum noch von Bedeutung ist. Das Übertragungsrisiko einer HIV-infizierten Mutter auf ihr Kind während der Schwangerschaft und der Geburt wird auf ca. 15% – 40% geschätzt. Durch entsprechende medizinische Maßnahmen kann das Risiko jedoch auf unter 2 Prozent gesenkt werden. Eine Übertragung des Virus durch Stillen ist möglich.
Auch wenn sich Schrecken und Panik über AIDS in unseren Breitengraden nach millionenschweren Aufklärungskampagnen („Gib Aids keine Chance) weitestgehend gelegt zu haben scheinen, lässt sich nicht leugnen, dass Aids eine globale Epidemie darstellt. In praktisch jedem Land der Erde sind Infektionsfälle zu verzeichnen. Weltweit – so die Schätzungen der WHO – leben mehr als 40 Millionen Menschen mit HIV, fast 3 Millionen davon sind Kinder unter 15 Jahren. Man geht davon aus, dass sich im Jahr 2003 etwa fünf Millionen Mensch neu mit dem HI-Virus angesteckt haben. 3 Millionen sind im Jahr 2003 an AIDS gestorben, davon waren ca. 500 000 Kinder unter 15 Jahren. Zum Vergleich: Der gesamte Ostalbkreis hat ca. 316 000 Einwohner zu verzeichnen!
Die Ursprungsgeschichte von HIV/AIDS ist für die Wissenschaft noch nicht eindeutig geklärt, wohl aber gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Theorien. Eine recht abenteuerliche lautet wie folgt: In amerikanischen Kriegswaffenlabors wurde das HI-Virus absichtlich gezüchtet, um „störende“ Randgruppen wie Drogenabhängige, Inhaftierte und Homosexuelle auszumerzen. Etwas plausibler scheint dagegen die Theorie eines internationalen Virologen-Teams an der Universität Birmingham (Alabama, USA) zu sein. Sie stießen bei ihren Untersuchungen auf einen Virus, der AIDS-ähnliche Symptome bei Schimpansen auslösen kann. Durch eine genetische Analyse war es der Forscher-Gruppe möglich, aufzuzeigen, dass das so genannte SI-Virus eine Kombination aus zwei Virusstämmen darstellt, welche in bestimmten Meerkatzen vorkommen. Da Meerkatzen bekanntlich von Schimpansen gefressen werden, müssen sich die Schimpansen durch die Nahrungsaufnahme mit diesen beiden Virusstämmen infiziert haben, aus denen sich dann in ihrem Körper das SI-Virus bilden konnte. Die Übertragung auf den Mensch erfolgte nach Ansicht der Wissenschaftler in den 1930er Jahren durch den Verzehr von Schimpansenfleisch. Schimpansenfleisch galt für die Einwohner damals als Delikatesse!
Mag die Krankheit nach wie vor auch noch als unheilbar gelten, hat die Medizin in den letzten Jahren dennoch große Fortschritte machen können. Zwei Formen der Behandlung sind zu unterscheiden. Einerseits probiert man durch die „retrovirale Behandlung“ das HI-Virus zu bekämpfen. Andererseits versucht man durch moderne Wirkstoffkombinationen die „opportunistischen Erkrankungen“, d.h. die durch die Immunschwäche hervorgerufenen Infektionen und Krebserkrankungen, in den Griff zu kriegen. Die Therapie gegen das Virus selbst ist sehr schwierig, da es sich rapide vermehrt und ständig Mutationsprozessen unterworfen ist.
Wer sich auf HIV testen lassen möchte, muss sich einem Bluttest unterziehen.
Da das Virus selbst nur durch ein sehr aufwändiges Verfahren nachgewiesen werden kann, sucht man zunächst nicht direkt nach ihm, sondern nach Antikörpern die das Immunsystem gegen das Virus gebildet hat. Von einem „AIDS-Test“ zu sprechen, ist also nicht ganz richtig. Denn ein positives Testergebnis sagt nichts darüber aus, ob und wann jemand an AIDS erkrankt. Nach einer Ansteckung mit HIV dauert es in aller Regel ca. 3 Monate, bis sich im Blut eine erkennbare Menge an Antikörpern gebildet hat. Hattest Du also montags ungeschützten Sex mit einer Dir fremden Person, nützt es nichts, sich dienstags dem üblichen HIV-Test zu unterziehen! Übrigens: 60% der Ansteckungen passieren in festen Partnerschaften!
HEPATITIS
Die Leber ist ein etwa fußballgroßes Organ im rechten Oberbauch und quasi die „Chemiefabrik“ Deines Körpers. Sie ist u.a. für die Umwandlung und Verwertung von Nährstoffen zuständig, aber auch für die Entgiftung von Fremdstoffen.
Mit Hepatitis ist die Entzündung (-itis) der Leber (griechisch: hepar) gemeint. Ursachen einer Leberentzündung können z.B. toxische Substanzen (Alkohol, Tabletten), Stoffwechselerkrankungen oder auch Viren sein. Unter Drogenabhängigen sind insbesondere die Hepatitis-Viren vom Typ C weit verbreitet. Experten sprechen von bis zu 80%. Neben der Virusform C gibt es die Formen A, B, D und E – jeweils mit Untervarianten. Vor allem Hepatitis B + Hepatitis C sind gefährlich.
Wenn Du Hepatitis A und/oder B noch nicht gehabt hast, solltest Du Dich unbedingt dagegen impfen lassen. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Du bereits Hepatitis C- oder HIV- infiziert bist. Gegen Hepatitis C kann man sich nicht impfen lassen. Im Falle einer Ansteckung bietet sich eine medikamentöse Behandlung mit Interferon und Ribaverin an. Die Behandlung erfordert jedoch eine hohe Motivation, Mitwirkungsbereitschaft und Belastbarkeit („compliance“). Zudem können Nebenwirkungen auftreten, die den Entzugssymptomen ähneln. Wir empfehlen Dir ein ausführliches Gespräch mit Deinem Arzt. Neuere Untersuchungen (2003) haben übrigens ergeben, dass die Erfolgsraten bei Abhängigen (insbesondere im Rahmen der Substitution) recht gut sind.
Substanz | Auswirkungen auf deine Leber |
---|---|
Alkohol | sehr schädlich |
Kokain, Amphetamine | Stoff an sich unschädlich, aber die Nebenwirkungen nicht |
Heroin | Gefährlich sind die Streckmittel |
Metha, Subutex | unschädlich |
Barbiturate | schädlich |
Beruhigungsmittel | nicht sehr schädlich |
Cannabis | unschädlich |
Hepatitis wird gerne mit Gelbsucht (=Ikterus) gleichgesetzt. In der Leber wird der rote Blutfarbstoff Hämoglobin zu Bilirubin abgebaut, über die Galle in den Darm transportiert und mit dem Stuhl ausgeschieden. Bei einer Hepatitis kann dieser Prozess gestört werden – was einen Bilirubin-Rückstau im Körper zur Folge hat. Ca. 5 bis 6 Tage nach der Ansteckung färbt sich dann zunächst die Augenschleimhaut und danach die Haut gelb, der Urin wird deutlich braun und der Stuhl sehr hell. Daher spricht man auch von „Gelbsucht“.
L(i)eber testen!
Wichtig jedoch: Der Verlauf einer Hepatitis-Erkrankung ohne Gelbsucht ist häufiger. In den meisten Fälle treten weder Gelbfärbung noch weitere Beschwerden auf! Man kann also die Viren in sich tragen, ohne davon etwas zu merken. Wir empfehlen Dir deswegen, Dich regelmäßig z.B. bei Deinem Hausarzt durchchecken zu lassen. Das sollte Dir Deine Gesundheit wert sein.
SAFER SEX & SAFER USE – Die goldenen Regeln
Für „HIV&HEP“ gilt: Nicht den Löffel abgeben – Fixen nur mit eigenem, sauberem Spritzenbesteck. Sex nur mit Kondom. Eigentlich keine große Sache. Kann aber Dein Leben sichern.
Mehr über SAFER SEX:
Fakt ist: Hepatitits B und C sowie HIV können übertragen werden, wenn Sperma, Blut oder Scheidenflüssigkeit einer infizierten Person A über die Schleimhäute des Mundes, des Afters, der Scheide, der Eichel, der Augen oder über eine offene Wunde in den Blutkreislauf von Person B gelangen. Ungeschützter Sex ist der häufigste Übertragungsweg dieser Viren. SAFER SEX ist also angesagt, wenn Du Dich und andere schützen möchtest. SAFER SEX bedeutet nicht, dass Du keinen Spaß mehr haben darfst. Im Gegenteil: Gewisse Vorbereitungen geben Dir erst die nötige Sicherheit, Dich fallen lassen zu können. Den Körper des anderen zu erleben, zu erkunden – ohne dabei ein flaues Gefühl haben zu müssen.
Sex – das ist erst einmal das, was Du daraus machst. Der eine steht darauf, die andere will es so, der andere kann es nur so, die eine machte es aus Liebe, der andere für den Partner … „Peter“ nur mit „Heidi“, „Heidi“ am liebsten mit „Elke“, „Elke“ dagegen träumt von „Franz und Josef“, „Josef“ will aber am liebsten mit sich selbst …
Sex – das ist immer auch eine Frage der Situation. Ob nun als Quickie auf dem Parkplatz oder gemütlich mit langem Vorspiel im Bett, ob nach Feierabend oder vor der Schule, ob bei einem Glas Wein oder für die Zigarette danach … Was jedoch keine Frage sein sollte: Benutze ein Kondom. Gehe kein Risiko ein. Für Dich nicht. Für den anderen nicht.
Daher:
- Sei selbstbewusst. Bestehe auf Kondome. Lass Ausreden wie „Hey, Du nimmst doch die Pille“, „Kondome sind etwas für Weicheier“, „Wir passen schon auf“, „Es wird schon nichts passieren“, „Kondome töten die Gefühle“, „Hast Du kein Vertrauen?“ und dergleichen mehr nicht gelten. Niemand kann sich um Deine Gesundheit besser kümmern als Du selbst. Wer ein Kondom nicht akzeptiert, hat Dich nicht verdient.
- Vaginalverkehr: Pille und Spirale bieten zwar möglichen Schutz gegen eine Schwangerschaft nicht aber gegen Viren. Über die empfindlichen Scheidenwände kann HIV leicht in die Blutbahn gelangen. Das Risiko ist dann besonders groß, wenn im Genitalbereich schon eine Infektion vorherrscht oder die Scheidenwände entzündet sind. Zyklisch bedingte Hormonschwankungen und Verhütungsmittel wie Pille und Spirale können Scheidenentzündungen hervorrufen. Für Männer gilt: Infektiöse Scheidenflüssigkeit kann über die Schleimhäute des Penis zur Ansteckung führen. Regel in der Regel: Monatsblutungen erhöhen das Infektionsrisiko. Daher Vorsicht. Kondome schützen.Analverkehr: Da dieser Bereich stark durchblutet ist und die Schleimhäute sehr sensibel sind, ist das Risiko hier besonders groß. Etwas dickere Kondome, zusammen mit einem fettfreien Gleitmittel, bieten jedoch guten Schutz. Bedenke: Fetthaltige Mittel, wie Vaseline und Öle greifen die Latexhaut des Kondoms an!
- Oralverkehr: Ist etwas ungefährlicher – es sei denn der Mundraum ist z.B. nach einem Zahnarztbesuch sehr wund (stark blutend!). Auch während der Menstruation ist das Risiko erhöht (Tipp: „Dental dam“ oder auch „Lecktuch“ – ein spezielles Latextuch, das in Apotheken erhältlich ist – kann Schutz bieten). Allgemein wird empfohlen: Kein Sperma in den Mund. Wenn Du auf Nummer sicher gehen möchtest, nimm auch hier ein Kondom.
- Zungenküsse: Bedenkenlos. Zwar können HI-Viren auch im Speichel vorkommen, doch aufgrund bestimmter Enzyme ist die Konzentration dort sehr gering. Ihr müsstet schon 6-7 Liter infizierte Spucke austauschen, um eine Ansteckung möglich zu machen. Anders sieht die Sache – wie schon erwähnt – aus, wenn Ihr eine offene Wunde im Mundraum habt. Hier kann sich HIV, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, durch Blut übertragen.
- Fingerspiele, Schmusen, Streicheln, Petting … bergen kein großes Risiko.
Viel Spaß! - Der kleine Kondom-Ratgeber: Vielleicht gerade am Anfang ein bisschen ungewohnt – doch Übung macht den Meister! Je öfter Ihr ein Kondom benutzt, desto weniger wird die „zweite Haut“ stören. Nehmt Qualitätskondome. Achtet auf Haltbarkeitsdatum und auf eine unbeschädigte Verpackung. Kondome, die sich hart und brüchig anfühlen, könnt Ihr vergessen. Weg damit. Verpackung nicht mit Messer oder anderen scharfkantigen Gegenständen öffnen. Vorsicht bei brüchigen, rissigen und spitzen Fingernägeln. Daran denken: Es gibt bestimmte Salben und Vaginalzäpfchen, die sich nicht mit Kondomen vertragen. Auf die jeweiligen Packungsbeilagen achten. Fetthaltige und ölhaltige Mittel können die Latexhaut beschädigen. Doppelt hält besser?!?? – Nie zwei Kondome übereinander rollen. Sie scheuern gegeneinander und rutschen leichter ab. Starke Haarstoppel nach Intimrasuren können dem Kondom ebenfalls schaden. Kondome kühl und trocken lagern. Keine Automatenware! Bei Fernreisen: besser Markenkondome von zu Hause mitnehmen. Bei häufig wechselnden sexuellen Kontakten: mehrere Kondome in der Jackentasche oder in der Handtasche vorrätig haben. Man weiß ja nie …
- „Sex & Drugs & Rock´n Roll“ mag interessant klingen. Doch gerade in Partylaune oder auf Droge schmeisst man wichtige Vorsätze gerne über Bord. Oder provoziert riskante Situationen, die am Tag danach üble Gewissensbisse hervorrufen. Wie konnte ich nur? Hoffentlich ist nichts passiert… Egal welche Droge Du konsumierst, sie beeinflusst Dein sexuelles Erleben. Die eine Droge mag Dich geiler machen, Dich enthemmen, die andere entspannt, macht Dich wie betäubt. Gerade auf Droge und in Partylaune ist SAFER SEX besonders wichtig, ist Vorsorge besonders ratsam.
- Miteinander sprechen. Offen sein. Auf gewisse Sicherheiten bestehen. Grenzen akzeptieren. Sich schützen. Den Partner schützen. Macht Sex einfacher schöner.
Wir wünschen Dir viel Spaß!
Mehr über SAFER USE
Unkontrollierter Mischkonsum, gemeinsame Spritzenbenutzung, ungeschützter Sex, kein Gedanke an ein Morgen, nur der nächste Kick im Visier, Hauptsache: dicht und breit … kein Wunder, dass HIV&HEP auf der Szene grassieren. Drogen zu nehmen ist die eine Sache, nicht mehr auf sich selbst und seine Gesundheit zu achten, die andere. Aber genau daran sterben die meisten. Daher haben wir unter Drogeninformationen zu jeder aufgeführten Droge auch SAFER USE- Informationen bereitgestellt. Es mag zwar keinen risikofreien Umgang mit Drogen geben, aber das bedeutet nicht, dass gewisse Sicherheitsregeln nicht Leben retten können. Informier Dich, klick Dich rein. Das sollte Dir Deine Gesundheit wert sein.
Quellen:
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (Hrsg.): Drogenkonsum und Hepatitis, Berlin 2001.
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (Hrsg.): Safer Sex – Schutz vor AIDS, Berlin 1996.
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (Hrsg.): Richtiges Spritzen kann man lernen, Berlin 1999.
Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (Hrsg.): Virus- Hepatitis. Eine Orientierungshilfe, Berlin 2003.
Ford, Michael Thomas: Viren sind nicht wählerisch, München 1999.
JES Osnabrück (Hrsg.): Was Sie schon immer über Hepatitis wissen wollten, Osnabrück 2001.
JES Osnabrück (Hrsg.): Hepatitis und Drogen, Osnabrück 2003.
Robert Koch- Institut (Hrsg.): Gesundheitsberichtserstattung des Bundes: Hepatitis C, Berlin 2003.
Strohm, Holger: Die Ansteckung. Was Sie alles über AIDS wissen müssen, Reinbek bei Hamburg 1987.
Ferner haben uns folgende Internetadressen wichtige Anregungen geben können:
www.aidshilfe.de; www.rki.de; www.kompetenznetz-hepatitis.de ; www.netdoktor.de
(Stand: Mai 2004)
Dank an die Aids-Hilfe Schwäbisch Gmünd für die freundliche Unterstützung!
Dank auch an Herrman Kuon von der Hepatitis C-Selbsthilfegruppe Ostalb!
Ich finde es vor allem erstaunlich, wie schnell du in die Sucht hineinrutschen kannst und dann richtig abrutschtst. Das geht so wahnsinnig schnell.
Wenn ich jetzt auf junge Leute stoße, die es ganz cool finden, sich ihren Joint zu drehen oder Trips zu schlucken, dann denke ich mir immer, so hat das bei mir damals auch angefangen.
In meiner Clique war ich immer die „Kleine“, wollte unbedingt dazu gehören, fing also auch an zu kiffen und so. Auch andere Sachen. Oft wusste ich gar nicht, was das genau war. Ich wollte eben nur dabei sein. Klar, dass ich anfangs immer eingeladen wurde. Meist am Wochenende in der Disko. Irgendwann wurde es für uns dann auch ganz normal, innerhalb der Woche was zu nehmen. Nie wäre mir damals in den Sinn gekommen, dass ich davon abhängig werden konnte. Aufhören war kein Problem – denn ich wollte ja gar nicht aufhören!
Tja, irgendwann wurde ich dann plötzlich nicht mehr eingeladen, ich war „drauf“ ohne es richtig wahrhaben zu wollen und musste mich plötzlich um den Stoff selbst kümmern. Das Elend nahm seinen Lauf. Erst fängst du an, dir Geld von überall her zu leihen, von Freunden und Verwandten, versprichst alles Mögliche, aber du kannst die ganzen Versprechen nie halten. Du hast ein elendes Gefühl im Magen und in der Seele, aber die Drogen bringen dir Erleichterung. Machen Dein schlechtes Gewissen weg. Dann fängst du irgendwann an zu stehlen oder vercheckst was. Am Ende bin ich sogar anschaffen gewesen.
Aber das war mir damals alles ziemlich egal, du denkst nur an den Stoff, alles andere perlt an dir ab. Dir ist irgendwann auch egal, was du dir in die Venen spritzt. Hauptsache du bist dicht. So dicht, dass dich nichts mehr berührt. Dass ich damals mit jedem Druck mit meinem Leben spielte, war mir nicht bewußt. Wenn ich damals nicht meinen Freund kennen gelernt hätte, wer weiß, wie es mir ergangen wäre.
Mein Freund riß mich da raus, ich kam weg vom „H“, fing aber an, zu trinken. Eine Flasche Wodka am Tag war nichts. Als ich ungewollt schwanger wurde, wusste ich, dass ich so nicht mehr weitermachen konnte. Ich schaffte es – auch mit dem Rückhalt meiner Familie – mich durch ein Substitutionsprogramm mehr und mehr zu stabilisieren. Seit ca. 2 Jahren führe ich ein relativ bürgerliches Leben, meine Metha-Dosis ist gering, ich habe keinen Beikonsum, lebe mit meinem Freund und unserer Tochter zusammen, finanziell sind wir abgesichert, uns geht es gut.
Es ist komisch über die Zeit von damals nachzudenken, über mein Leben im „Vollrausch“, natürlich habe ich noch lange nicht alle meine Ziele erreicht, aber ich bin auf einem guten Weg.
Lebe seit 1970 in Gmünd, Drogen gehören schon immer irgendwie zu meinem Leben und dieser Stadt. Dass Gmünd ein Drogenpflaster ist, mag unter anderem auch an der Stationierung amerikanischer Soldaten gelegen haben, die immer für eine rege Nachfrage gesorgt haben.
Gehandelt wurde in den 70er Jahren besonders mit Haschisch, der starke Dollarkurs brachte gute Gewinne ein. Später stiegen viele auf den Handel mit Heroin um. Das hatte zwei Gründe: Der Handel mit Heroin wurde ähnlich bestraft wie der mit Haschisch, das Risiko war also gleich. Aber Heroin ließ sich einfach durch die geringeren Mengen, die benötigt wurden, besser handhaben. Außerdem waren die Gewinnspannen höher.
Zum ersten Drogentoten kam es 1979, „Lusche“ starb an einer Überdosis „H“. Das führte u.a. dazu, dass man begann, härter gegen den Drogenhandel in Gmünd vorzugehen. Das Rauschgiftdezernat wurde aufgebaut. Das Geschäft wurde härter, der Stoff mehr und mehr gestreckt.
Ich kann mich gut daran erinnern, dass wir zu Anfang Stoff in einer Qualität bis zu 70% hatten. Heute muss man froh sein, wenn du was um die 20% bekommst. Oft sind es sogar unter 10%, der Rest sind Streckmittel, die den eigentlichen Schaden anrichten. Deine Venen kaputtmachen, die Gefahr einer Überdosis erhöhen. Wer kann bei schwankenden Reinhaltsgehalten schon die Wirkung richtig einschätzen?
Die 80er Jahre in Gmünd waren gekennzeichnet durch eine rigide Strafverfolgung, durch wenig Aufklärung, außerdem gab es keine Möglichkeit, seine Spritzen zu tauschen und natürlich auch keine Substitutionsmittel. Wir waren gezwungen bis nach Frankfurt zu fahren, um uns dort einen Druck zu setzen. Ich verlor in dieser Zeit viele meiner besten Freunde.
Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er konnte sich die Substitution dank einiger engagierter Ärzte zunehmend durchsetzen. Die Zugangsbarrieren waren aber verdammt hoch. Während meine Frau, die HIV-positiv war, eine Substitutionsbehandlung bekam, verweigerte man mir zu Anfang diese medizinische Behandlung. Ich bin froh, dass es heute viel unkomplizierter ist, in ein Programm aufgenommen zu werden.
Die 90er Jahre brachten also Erleichterungen und Teilverbesserungen. Dennoch könnte noch viel getan werden. Ich hoffe, dass man aus den Fehlern des letzten Jahrhunderts weiter lernt und Schritte in Richtung Legalisierung unternimmt. Die Drogenpolitik versagt, wenn sie denkt, sie könnte eine drogenfreie Gesellschaft herbeiführen. Dazu vier Anmerkungen von Seiten JES-Gmünd:
Die durch die Kriminalisierung verursachten Konsumbedingungen (Schwarzmarkt, Spritzentausch, Streckmittel durch die „Zwischenhändler“, keine Qualitätsprüfungen des Stoffs möglich, neue Abhängigkeiten, Hepatitis und HIV) führen zu der eigentlichen Verelendung von Abhängigen.
Durch Strafandrohung und Verfolgung von Abhängigen erreicht man nichts. Wenn du „drauf“ bist, lässt du dich von Paragraphen nicht abschrecken. Selbst in Staaten, in denen man die Todesstrafe verhängt, steigt die Zahl von Abhängigen und Konsumenten.
Substitution stellt eine Teilverbesserung dar, aber es könnte noch viel mehr getan werden. Methadon und Co befriedigen vielleicht den Körper, nicht aber den Kopf. Erst durch eine Legalisierung und die Abschaffung des BtmG´s käme es zu wirklichen Verbesserungen.
Der Umgang mit Rauschmitteln lässt sich auch durch andere Gesetze regeln. Z.B. durch das Jugendschutzgesetz, Arbeitsschutzgesetz oder die Straßenverkehrsordnung. Also: Keine Drogen für Minderjährige, keine Drogen im Straßenverkehr, keine Drogen während der Arbeit, … Der Staat sollte sich jedoch nicht in die Privatsphäre der Bürger einmischen.
Das Geld, das eingespart werden könnte, kann man in die Prävention stecken. Eine Prävention, die nicht nur auf Abschreckung baut, sondern nüchtern Vor- und Nachteile der Drogen fokussiert.
Die Initiative JES-Schwäbisch Gmünd betont, dass Drogengebraucher ebenso wie alle anderen Menschen ein Recht auf Menschenwürde haben. Sie brauchen es nicht erst durch abstinentes Leben erwerben. Unsere Initiative versucht, neue Zusammenhalte auf der Szene zu stiften und Bündnisse nach außen zu ermöglichen. Wer Interesse hat, unser Selbsthilfe-Projekt zu unterstützen, kann sich an folgende Adresse wenden:
JES-Schwäbisch Gmünd
Milchgässle 11
73525 Schwäbisch Gmünd
Während meiner Kindheit bin ich zwischen Eltern, Großeltern und dem Tagheim hin- und hergeschoben worden. 1980 haben sich meine Eltern dann scheiden lassen, ich kam in ein Erziehungsheim. Da habe ich dann auch später meine Schule und eine Lehre gemacht. Kiffen und Alkohol gehörten damals irgendwie dazu. Richtig abgestürzt mit „H“ bin ich aber erst später, als ich meine damalige Freundin kennenlernte und es sich herausstellte, dass sie früher mal im Milieu gearbeitet hatte.
´94 musste ich das erste Mal wegen BTM in den Knast. Es folgten Hoch und Tiefs, ein ständiges Raus und Rein.
1997 machte ich meine erste Therapie, 2001 eine zweite. Beide Therapien habe ich erfolgreich abgeschlossen, war nach der letzten sogar 9 Monate clean. Warum es immer wieder zu Rückfällen kam? Vielleicht lag es an der Einsamkeit, der Langeweile und der Perspektivlosigkeit. Mein Therapeut von damals würde vielleicht sagen an der „Strukturlosigkeit“.
Interessant ist, dass ich mir die „Sprache“ der Therapeuten und auch der Drogenberater gut angewöhnt habe. Das Wissen ist also da. Ich weiß, was ich zu bearbeiten habe, was meine „Themen“ sind. Es fehlt mir nur die Umsetzungskraft. Zwischen dem Ziel und dem Weg dahin ist eben ein großer Unterschied. Mir fehlt der Ansporn. Und ich verspüre eine scheiß Angst, ob ich es im „geregelten“ Leben überhaupt wieder schaffe.
Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich die letzten 10 Drogenjahre einfach verschlafen. Aber die Welt hat sich weiterentwickelt. Computer und so. Internet. Wie da wieder den Einstieg schaffen? Gut ist, dass ich mich durch das Substitutionsprogramm einigermaßen stabilisiert habe, gut ist auch, dass ich mich eigenständig um eine Umschulungsmaßnahme gekümmert habe.
Was das nächste Jahr bringt, steht in den Sternen. Eine Gerichtssache macht mir noch ziemlich zu schaffen. Aber wie würden es die Berater und Therapeuten sagen: „Der Weg ist das Ziel“. Oder wie es Grönemeyer schon besungen hat: „Stillstand ist der Tod“.
Bereits mit 15 Jahren habe ich das erste Mal gespritzt gehabt, wollte wissen, wie es geht und was abgeht. Der Reiz des Verbotenen stand sicherlich im Vordergrund, dass ich davon abhängig werden konnte, war mir nicht klar ….Mit meiner ersten, richtigen Liebe teilte ich die Liebe zum Stoff, irgendwann stellten wird dann beide fest, dass unsere einzige Verbindung in den Drogen bestand. Das war dann auch der Tod unserer Beziehung. Mit 19 Jahren wurde ich das erste Mal inhaftiert, ich machte einen erneuten Therapieversuch, lernte meine zweite, wichtige Liebe dort kennen. Es stellte sich heraus, dass er HIV positiv war. Schon wieder musste ich feststellen, wie eng Liebe und Tod in meinem Leben zusammenhängen. Ich entschied mich trotzdem für die Beziehung und wurde sogar schwanger. Erst mit meiner Schwangerschaft wurde mir klar, welche Risiken ich durch die Drogen täglich eingegangen war und in welcher Situation ich mich befand: Alleine (die Beziehung war zu Bruch gegangen), ich befand mich in einer fremden Stadt, ohne Freunde, ohne Perspektive. Dass ich es nicht schaffte, mich weiter runterzudosieren, war eigentlich vorprogrammiert. Zu schwer war es, alleine auf eigenen Beinen zu stehen und Kraft für zwei aufzubringen. Mein Kind kam süchtig zur Welt. Es folgte ein erneuter Therapieversuch, der aber daran scheiterte, weil ich gezwungen war, mein Kind abwechselnd von Freunden und meiner Familie betreuen zu lassen. Damit kam ich nicht zurecht. Als mein Kind 3 Jahre war, bat ich das Jugendamt um Hilfe. Ich wusste, dass ich es alleine nicht schaffen werde. Als mein Sohn weg war, brach jedoch noch viel mehr weg. Ich stürzte total ab, bestand nur noch aus Wut. Wut in mir. Über mich. Und das ganze beschissene Leben. Ich wollte mich am liebsten wegmachen. Dieser Zerstörungsdrang hielt auch in der Substitution an, die ich später begann. Es ging darum, mein schlechtes Gewissen zu töten. Die Schuldgefühle. Ich spritzte Flunis und Metha, traf die Arterie, verlor dabei zwei Fingerendglieder. Als hätte ich daraus nicht genug gelernt, kam es einige Zeit später wieder zu einem „Unfall“. Diesmal hätte ich fast mein Bein verloren. Mehrere Monate Krankenhausaufenthalt warteten auf mich. Nur mit Glück konnte ich eine Amputation umgehen. Meine Perspektiven? Ich will mich langsam runterdosieren und geregelten Kontakt zu meinem Sohn aufbauen. Ich will mich gesundheitlich erholen, wieder arbeiten und Menschen kennen lernen, die mit Drogen nichts zu tun haben.
Wenn ich an die ganzen Anti-Drogen-Kampagnen an meiner Schule oder auch im Fernsehen denke, überkommt mich ein Grinsen. Das wirkte doch eher wie Werbung auf uns. Ich komme vom Land und hier war unser schlimmster Feind die „Langweile“. Wir saßen immer viel an der Bushaltestelle herum, rauchten die ersten Zigaretten und warteten – auf was, tja, das war uns damals selbst nicht ganz klar. Jedenfalls haben die ganzen Appelle unsere Neugierde erst richtig geweckt. Drogen – das hatte den Reiz des Verbotenen. Den Reiz des Besonderen. Die ersten Joints brachten Abwechslung, lenkten uns vom „arten“ ab. Dann kamen die ersten Trips. Die Lehrer hatten meist selbst keine Ahnung, übertrieben in ihrem Aufklärungsunterricht maßlos. Das machte die ganze Sache so unglaubwürdig. Du nimmst Lehrer und Eltern nicht mehr ernst, weil du ganz andere Erfahrungen mit den Drogen machst. Drogen haben nicht nur eine negative Seite! Sicherlich aber auch nicht nur eine positive. Man sollte beide Seiten beachten. Und abschließend möchte ich noch sagen, dass ich trotz des langjährigen Konsums auch harter Drogen, immer einer regelmäßigen Arbeit nachgegangen bin. Die Gleichung „Drogen konsumieren=abhängig = krank= dem Sozialstaat auf der Tasche liegen“ geht nicht immer auf!
Ich komme einfach aus dieser Suchtspirale nicht raus, werde immer wieder rückfällig. Das macht mich wütend und depressiv, fühle mich dann so minderwertig. Um diese Gefühle wegzumachen, greifst du wieder zur Droge. In letzter Zeit nehme ich vor allem Benzodiazepine. Es ist wie ein Loch, aus dem es keinen Ausgang gibt.
Mein Vater war Alkoholiker, meine Mutter starb, als ich 11 Jahre alt war. Ich musste den Haushalt schmeissen, die Atmosphäre zuhause war ziemlich scheiße. Kein Wunder also, dass ich schon mit 15 Jahren auszog. Den Weg, den mein Vater ging, wollte ich auf keinen Fall einschlagen. Statt dem Alkohol probierte ich zusammen mit meinem damaligen Freund, die ersten Joints und die ersten Trips aus. Ich selbst war mir nicht wichtig, meine Familie war mir nicht wichtig. Ich glaube, außer meinem Freund war mir damals überhaupt nichts wichtig. In die Sucht rutschte ich ganz „blauäugig“. Dachte nicht, dass ich körperlich oder psychisch davon abhängig werden konnte. Erst schmiss ich meine Lehre, später arbeitete ich in einem „Club“. Das Geld stimmte. Erst gehst du für die Drogen anschaffen, später brauchst du noch mehr Drogen, um das ganze überhaupt zu schaffen. Der Kreislauf beginnt und frisst dich auf. Am Ende war ich nur noch ein körperliches und seelisches Wrack. Eine absolute Schnapsidee, pardon Koksidee war es, die mich und meinen Freund damals dazu brachte, eine Tankstelle zu überfallen. Wir waren jung, süchtig und brauchten das Geld. So lustig wie das hier klingt, war es nicht. Wir flogen natürlich voll auf die Schnauze, weil uns wohl auch die kriminelle Energie fehlte, so ein Ding durchzuziehen. Ich kam für ein paar Monate in den Knast. Machte meinen „turkey“, fing an, über das ganze nachzudenken. Diese vier Wände starren dich an, 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche. Ich wusste, dass ich entweder verrückt werden würde oder all meine Energie sammeln musste, um mich endlich von dem ganzen zu befreien …Die Zeit im Knast war alles andere als einfach, aber ich gab mich nicht auf. Es folgte im Anschluß an die Haftzeit eine Langzeittherapie, die mir neuen Halt gab. Und ich fand später Arbeit. Zum Glück hatte mein Arbeitgeber für meine Situation Verständnis, stempelte mich nicht als „kriminell“ oder „abhängig“ ab. Mittlerweile bin ich jetzt schon seit 7 Jahren clean. Geholfen haben mir Menschen, die mir das Gefühl gegeben haben, ich sei wichtig. Ich bin etwas wert.
Ich finde es ziemlich abartig, wie sehr man uns bevormundend. Kaum bekommt irgendjemand mit, dass du Drogen nimmst, schon wirst du in eine Schublade gesteckt, die keiner mehr anfassen möchte. Man wird behandelt, als sei man krank, selbstmordgefährdet, total depressiv, kriminell und nicht ganz richtig im Kopf. Ich bin jetzt 30, nehme – so lange ich denken kann- die unterschiedlichsten Drogen zu mir. Ich habe nie eine Überdosis gehabt und auch noch nie einen Spritzenabszess. Ich jedenfalls behaupte, dass ich mit Drogen umgehen kann und trotzdem mein Leben im Griff habe. Drogengebrauch endet doch nicht automatisch in Drogenmißbrauch. Drogen – das ist doch das, was man daraus macht. Der eine nutzt ein Messer zum Brotschneiden, der andere setzt es als Waffe ein. Deswegen gleich alle Messer verbieten??? Ich finde, die Gesellschaft sollte uns nicht vorschreiben, wie wir unser Leben zu führen haben. Es wird nie eine drogenfreie Gesellschaft geben. Ob Alkohol, Cannabis oder auch Heroin, ich finde, jeder sollte selbst darüber bestimmen. Aber gerade bei den harten Drogen wählt man einen harten Weg. Kriminalisierung, Entstehung von Schwarzmärkten, steigende Preise, neue Abhängigkeiten. Die Liste ist lang. Aber was nutzt sie? Auch die Substitution ist doch eher ein fauler Kompromiss. Wenn ich mich auf dem Jo-Platz so herumschaue, dann sehe ich keine Drogenabhängigen mehr, sondern Alkoholkranke, die substituiert werden. Außerdem kommt durch die Substitution wieder ein geballtes Regelwerk auf dich zu. Ärzte, die an Deiner Abhängigkeit verdienen. Der tägliche Gang zur Praxis. du darfst keinen Beikonsum haben, mußt angepasst sein, mußt Deine Drogenberatung regelmäßig aufsuchen. KOSA, dem Begleitungsmodell der Sozialberatung stehe ich deswegen auch skeptisch gegenüber. Ich will nicht bevormundet werden. Ich jedenfalls sehe bei mir keinen Beratungsbedarf und mit meinem Beikonsum habe ich keine Probleme. Höchstens mein substituierender Arzt …
Kaum eine „Droge“ hat in den letzten Jahren die Drogenszene so nachhaltig verändern können, wie es die Substitutionsmittel vermochten. Dabei herrscht hinsichtlich dieser Ersatzstoffe vielerorts noch eine Menge an Unklarheit.
- Sind Substitutionsmittel Drogen oder Medikamente?
- Machen sie abhängig?
- Wie ist es mit Beikonsum?
- Kann ich als Substituierter meinen Führerschein behalten?
- Welche neuen Verpflichtungen gehen Substituierte ein?
Fragen, auf die wir in der von uns erstellten „Substitutionsfibel für den Ostalbkreis“ Antwort geben möchten.
Was bietet Dir die Fibel?
Unser Anliegen ist es, Dir (und allen Interessierten) einen ersten Einblick in das weite Feld der Substitution zu bieten.
Ersatzstoffe sind keine Allheilmittel, aber sehr wohl Chancen, die es Dir ermöglichen können, Dein Leben jenseits von Beschaffungsdruck, Gesundheits-gefährdung und Kriminalisierung…neu zu gestalten. Dass dazu in vielen Fällen mehr nötig ist, als ein Austausch von Droge in Ersatzstoff, dürfte Dir klar sein. Nicht jedes Problem, welches durch Deine Drogensucht entstanden ist, lässt sich mit einem Substitutionsmittel lösen…
Uns geht es in erster Linie um eine neutrale Aufklärung, bei der wir sowohl auf die Vorteile, aber auch auf die Nachteile der Substitution eingehen. Darüber hinaus möchten wir Dir unser Angebot der psychosozialen Begleitung im Rahmen der Substitution vorstellen. Abgerundet wird diese Fibel durch die „Innenansichten“.
Neben dem Wissen, das wir aus unserer Arbeit mit Substituierten und unseren Büchern beziehen, war es uns wichtig, auch diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die tagtäglich Erfahrungen mit den Ersatzstoffen machen: die User.
Entstanden ist ein buntes Kaleidoskop von Eindrücken, Erfahrungen und Meinungen. Es sollte Dir deutlich machen, dass letztlich es Du selbst bist, der seinen eigenen Weg finden und gehen muss.
Die Themen im Einzelnen:
- Was bedeutet Substitution??? Seite 4
- Was sind Opioide? Was sind Opiate? Wie wirken sie? Seite 4
- Die „Muttersubstanz“ Heroin Seite 4
- Neue Wege… Seite 5
- Methadon/Polamidon Seite 6
- Subutex® Seite 8
- Substitution im Ostalbkreis Seite 10
- Beikonsum Seite 11
- Beikonsum: Pillen Seite 12
- Beikonsum: Heroin Seite 14
- Beikonsum: Alkohol Seite 14
- Beikonsum: THC- „Cannabis denn Sünde sein?“ Seite 15
- Beikonsum: Kokain Seite 16
- Was tun bei einem Rückfall? Seite 17
- Unser Angebot der psychosozialen Begleitung: Das „KOSA-Modell“ Seite 18
- Keine Angst
…vor Schlafstörungen Seite 21
…vor Sex Seite 21
…vor dem Freizeitloch Seite 22
…vor dem Zahnarzt + anderen wichtigen Behandlungen Seite 23
…vor Lob und Tadel Seite 23
…vor dem Schuldenberg Seite 23
…vor Arbeit Seite 24
…vor Urlaub Seite 25
…vor der eigenen Küche Seite 26
…vor Klatsch und Tratsch Seite 26
…vor dem Führerschein Seite 27
…vor Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder Seite 27
…bei Drogennotfällen Seite 29
…HIV und Hepatitis Seite 32 - Kontaktadressen im Ostalbkreis Seite 33
- Angebote für substituierte Mitbürger Seite 34
- Innenansichten: Meinungen der User Seite 35
- Entscheidungshilfe? Seite 42
- Literatur & Dank Seite 43
Falls Du Interesse hast, kannst Du die Broschüre gerne als PDF-Datei herunterladen:
Substitutionsfibel.pdf
Bemerkung:
Die Fibel wendet sich natürlich auch an Interessierte, Angehörige und alle, die mit Substitution in irgendeiner Weise zu tun haben. Sie kann gerne auch postalisch angefordert werden. Entweder über uns oder auch über Herrn Berthold Weiß dem Suchthilfekoordinator des Landratsamtes Ostalbkreis, der uns bei der Erstellung dieser Fibel sehr unterstützt hat.
Eine Schwangerschaft, erwünscht oder unerwünscht, kommt für viele Frauen überraschend und wirft eine Menge Fragen auf. Spielen in Deinem Leben Drogen eine wichtige Rolle, wird der gesundheitliche Schutz für Dich und Dein Kind besonders wichtig. Wir haben ein paar Fakten zusammengestellt, die Dir helfen sollen, Orientierung zu bekommen und mögliche Stolpersteine frühzeitig zu erkennen. Was erwartet Dich? Was erwartet Dein Kind? Worauf solltest Du achten? Richtung und Ziel sollten sein: Dass es Dir und Deinem Kind gut geht – und Du in der Lage bist, für Dich und Dein Kind zu sorgen
Aus dem Inhalt von SUSI (Auszug):
- Schwanger und Drogen???
- Was heißt Schwangerschaftsvorsorge?
- Wie lassen sich Risikofaktoren verringern?
- Schaden Substitutionsmittel meinem Kind?
- Muss ich Angst vor dem Jugendamt haben?
- Hilfemöglichkeiten im Ostalbkreis
Die Broschüre als PDF-Datei zum download
Ich begann schon früh, mit Drogen unterschiedlichster Art herum zu experimentieren. Hab schon als Schüler Dope vercheckt, keiner hat was davon gemerkt, und ich hatte eine gute Einnahmequelle.
Die erste Zeit war richtig geil. Als ich anfing, mehr harte Drogen zu nehmen, wurde aus dem anfänglichen Spaß schnell Ernst. Ich musste die Schule abbrechen, verlor Freunde und auch das Vertrauen vieler, die mir sehr nahe standen. Meine Eltern hielten aber immer zu mir. Es kam zu zahlreichen Entgiftungsversuchen. Auch zwei Therapien. Doch ich wurde immer wieder rückfällig. Ich erinnere mich noch genau, an eine Episode in Südamerika. Meine Eltern schickten mich zu meinem Bruder, der dort arbeitete. Ich sollte weg. Weg von der Szene. Weg von den alten Erinnerungen und den ganzen Verführungen. Aber ich war damals noch nicht so weit, hatte immer noch Drogen im Kopf, nahm den Suchtdruck also mit. So stahl ich mich bei meinem Bruder aus dem Haus und fand mich nach mehreren Tagen mitten in Bogotá in einem Slum herumliegen, total voller Koks, verdreckt, völlig desorientiert und ausgelaugt. Nur mit Glück fand ich den Weg zurück. Es ist unglaublich, welche Risiken man eingeht, wenn man drauf ist. Dir wird alles egal. Du denkst nur an den Stoff. Nicht an Dein Leben. Nicht an Deine Zukunft. Inzwischen habe ich es geschafft, mich einigermaßen zu stabilisieren. Zwei Dinge sind mir klar geworden: Egal, wie gut die Therapie ist, egal, wie oft du Deine Beratungsstelle aufsuchst, egal, wie eng Deine Familie zu dir steht, man schafft es nur dann von den Drogen weg zu kommen, wenn man es selbst möchte. Wenn man selbst so weit ist. Und zweitens, ich weiß einfach, dass es für mich einen kontrollierten Konsum einfach nicht geben wird. Für mich gibt es nur ein Entweder/Oder. Mit einem „Dazwischen“ habe ich mir schon zu lange was vorgemacht….
HINWEIS an alle Interessierte:
Wer mehr Innenansichten speziell zur Substitution lesen möchte, sollte einen Blick in unsere Substitutionsfibel werfen. Ihr könnt sie unter „EXTRAS“ (Infos rund um die Substitution) aufrufen und als PDF-Datei herunterladen. „Innenansichten aus der Rechbergstraße“ gibt es unter Angebotsspektrum/ Wohnprojekt Rechbergstraße. Hier berichten junge Menschen über ihren Weg aus der Straffälligkeit.
Wer sich durch die SUCHTWELTEN/INNENANSICHTEN motiviert sieht, ebenfalls etwas über sich zu schreiben, kann uns gerne (auch anonym) kontaktieren. Wir freuen uns über jede Stellungnahme, die dazu beiträgt, einseitige und stereotype Meinungen zum Thema „Drogen und Sucht“ oder auch „Straffälligkeit“ zu überdenken.
Die Sozialberatung Schwäbisch Gmünd e.V. bedankt sich bei allen Usern, Substituierten, Ex-Usern, Angehörigen und BewohnerInnen der Rechbergstraße für den Mut und die Bereitschaft, ihre Gedanken und Gefühle auf diese Weise anderen mitzuteilen.